ABRUZZEN und LATIUM

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Die Abruzzen und Latium waren während der deutschen Besatzung Teil der so genannten Fascia di Roma, und die Provinzen dieser beiden Regionen, die sich im unmittelbaren hinter der Front befanden, unterstanden den örtlichen Korpskommandos der Armee. Der größte Teil der Arbeitskräfte wurde für den Bau der Gustav-Bernhardt-Linie und für andere der NS-Armee dienliche Aufgaben eingesetzt.

Kriegserfordernisse, Transportschwierigkeiten, die Feindseligkeit der lokalen Bevölkerung und der Boykott einiger lokaler Behörden führten dazu, dass aus diesen Gebieten nur wenige Tausend Arbeitskräfte ins Dritte Reich geschickt wurden.

In den Abruzzen und in Latium wurde die Anwerbung und Betreuung der meisten Arbeiter durch das Ispettorato Generale del Lavoro (IGL) gewährleistet.

Sie war im Oktober 1943 vom Ministerium für Nationale Verteidigung (Ministero della Difesa nazionale) eingerichtet worden, das am darauffolgenden 6. Januar in Ministerium für die Streitkräfte (Ministero delle Forze Armate) umbenannt wurde und folglich den neuen Namen Ispettorato Militare del Lavoro (IML) annahm.

Am 16. September 1943 erhielt Kesselring von Generalfeldmarschall Keitel, dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW), den Befehl, „die arbeitsfähige männliche Bevölkerung des ihm unterstellten Gebiets, vorzugsweise aus den Großstädten” nach Norditalien zu verlegen. Dies galt insbesondere für die Städte Neapel und Rom. Um Arbeitskräfte zu gewinnen, wurde Kesselring ein großer Handlungsspielraum eingeräumt. Er konnte „alle geeigneten Maßnahmen” ergreifen, einschließlich „Geiselnahmen” und der Verbreitung von Aufrufen an die Bevölkerung. Im Falle von Widerstand aus der Bevölkerung konnte er auch gewaltsam gegen die italienische Polizei vorgehen, die dann „für die ganze Aktion verantwortlich gemacht” wurde. Nach dem in der Folgezeit weit verbreiteten Grundsatz „Der deutsche Soldat kämpft, der Italiener arbeitet für ihn” durften die Rekrutierten nicht zum Militärdienst gezwungen werden.

Auch aufgrund der kontraproduktiven Erfahrungen mit den von der Wehrmacht in Neapel durchgeführten Razzien versuchten die deutschen Behörden im Raum Rom zunächst, Arbeiter ohne Zwangsmaßnahmen anzuwerben.

Die deutschen Behörden gingen davon aus, dass die günstigen Rekrutierungsbedingungen mehrere tausend Menschen dazu bewegen würden, sich freiwillig dem Aufruf anzuschließen. Diese optimistischen Prognosen wurden durch die Informationen des Römischen Verbandes der Republikanischen Faschistischen Partei genährt, wonach es allein in Rom 100.000 Arbeitslose und mehr als eine halbe Million Menschen gab, die in Armut lebten. Doch die erste Kampagne der freiwilligen Anwerbung für das Reich war ein völliger Misserfolg, da sich nur etwa 1.000 Freiwillige meldeten.

Um die Bevölkerung von Rom zu zwingen, bei den Arbeitsämtern vorstellig zu werden, ordneten die deutschen Behörden unter dem Motto „arbeiten, um zu essen” den Einzug der Lebensmittelkarten bis zum 15. Januar 1944 an. Die Maßnahme war jedoch schwer durchzusetzen und nicht sehr effektiv, denn es waren zahlreichen gefälschte Karten im Umlauf. Außerdem deckte der Schwarzmarkt oft den Nahrungsmittelbedarf der Bevölkerung. Aus denselben Gründen und wegen der Feindseligkeit der Bevölkerung scheiterte auch der Versuch in Rom, die Arbeitsdienstverweigerer zu erfassen.

Angesichts der schlechten Ergebnisse der freiwilligen Rekrutierung begannen die deutschen Behörden mithilfe der italienischen Polizei mit den ersten Razzien. Die Zwangsrekrutierung von Arbeitskräften in der Hauptstadt und in Latium wurde durch die Polizeieinsätze der Questura von Rom unter der Leitung von Pietro Caruso und den republikanischen „Banden” Bardi-Pollastrini, Bernasconi und Koch gewährleistet.

Im Februar 1944 ordneten die Deutschen an, dass die von der italienischen Polizei in Rom verhafteten Personen „von der Questura in ein Konzentrationslager zu bringen sind”, wo sie dann „von der deutschen Dienststelle für den Zwangsarbeitsdienst abgeholt werden”.

Zur gleichen Zeit war in Rom ein Ort in Betrieb, der einem Konzentrationslager ähnelte: das Vertriebenenlager Centro raccolta sfollati della Breda. Die Einrichtung beherbergte über 5.000 Vertriebene, die später in das nahe gelegene „Arbeiterdorf” verlegt wurden, während das „Deutsche Internierungslager, ehemalige Waffenfabrik VII – Officine Ernesto Breda” unter der Kontrolle von Soldaten der Polizia dell’Africa Italiana (PAI) und der Wehrmacht blieb. In dem Lager wurden unter Aufsicht der SS Deserteure, Antifaschisten und Juden eingesperrt.

Die einzige Anlage in der Stadt Rom, die speziell als Sammel- und Durchgangslager für Zwangsarbeiter genutzt wurde, war das ehemalige Kriegsgefangenenlager, das 1942 in Cinecittà eingerichtet wurde. Neben anderen wurden dort mehr als 700 Personen, die am 17. April 1944 im Stadtviertel Quadraro zusammengetrieben wurden, untergebracht und später in das Lager Fossoli bei Carpi überführt. Am 24. Juni unterzeichneten mindestens 500 von ihnen das Papier, das ihre sofortige Entlassung aus dem Konzentrationslager vorsah, „unter der Bedingung, sich unverzüglich bei den Behörden des GBA in Modena zu melden”. Kurz darauf verließen sie die Stadt als „freie Arbeiter” und wurden in der Kriegsindustrie des Reiches eingesetzt.

In den Provinzen Littoria und Frosinone wurden die meisten Arbeiter für Arbeiten vor Ort eingesetzt, wobei sie oft von den lokalen Behörden oft aktiv unterstützt wurden. In den Provinzen Rieti und Viterbo hingegen gelang es den Nazifaschisten, mehrere Männer für die Zwangsarbeit zu rekrutieren, hauptsächlich durch Razzien und Antiguerilla-Operationen.

In den Provinzen der Abruzzen erfolgte die Anwerbung von Arbeitern nach dem gleichen Muster wie in den Provinzen in Latium. Die meisten Arbeiter wurden an der Gustav-Linie eingesetzt. Die Organe der RSI kooperierten bei der Versorgung der deutschen Truppen vor allem mit Mechanikern, Hufschmieden, Sattlern, Polsterern, Schneidern, Köchen, Schreinern, Elektrikern und Fahrern.

Trotz der eindringlichen Propaganda des Salò-Regimes, sich freiwillig zum Arbeitsdienst zu melden, war die Kampagne auch in den Abruzzen nicht so erfolgreich wie erhofft. Nur wenige Arbeitskräfte meldeten sich, denn sie fürchteten, ins Dritte Reich geschickt zu werden, oder hatten Angst vor der Gewalt, mit der die Deutschen das Gebiet kontrollierten. Ihr Widerstand wurde außerdem durch die Möglichkeit verstärkt, über die Front zu kommen und sich in den Bergen zu verstecken.

Die meisten „Arbeiterbataillone”, die in den Provinzen Chieti und L’Aquila eingesetzt wurden, setzten sich aus den Vertriebenen und jungen Wehrdienstverweigerern zusammen. Zur Verstärkung der Front und für verschiedene Dienste für die deutsche Armee wurden auch Internierte aus den Konzentrationslagern eingesetzt. In Teramo wurde im Januar 1944 ein spezielles Konzentrationslager eingerichtet, aus dem die Nazifaschisten ebenfalls Internierte holten und zur Zwangsarbeit einsetzten.

WORTE DER GESCHICHTE

Während der deutschen Besatzung wurden nur relativ wenige Arbeitskräfte aus den Abruzzen und aus Latium ins Dritte Reich gebracht.

Einsatz der Arbeitskräfte, die in den Gebieten in der Nähe der Gustav-Linie zusammengetrieben wurden.

Die Behörden der RSI arbeiteten auch in den Provinzen der Abruzzen und von Latium aktiv bei der Anwerbung von Arbeitskräften mit.

Die Strategien der Nazi-Faschisten zur Anwerbung von Arbeitskräften in Rom und Latium.

Zu den wichtigsten Razzien der Deutschen in Rom gehörte die am 17. April 1944 im Quadraro-Viertel. Gründe und Bestimmungsort der Deportierten.

von Costantino Di Sante

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