Italienische Militärinternierte

Die größte Gruppe waren die Italienischen Militärinternierten (IMI), eine von den militärischen und politischen Behörden des Dritten Reichs verwendete Bezeichnung für Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten der Streitkräfte des Königreichs Italien, die von der Wehrmacht in den Tagen nach dem 8. September 1943 im italienischen Staatsgebiet, in Südfrankreich und auf dem Balkan gefangen genommen wurden.  Durch die Einstufung als Militärinternierte anstatt – wie völkerrechtlich vorgesehen – als „Kriegsgefangene” konnte Berlin sie dem Schutz des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) in Genf entziehen und gleichzeitig die Idee der Achse zwischen den beiden faschistischen Großmächten Deutschland und Italien (Letzteres in Gestalt der RSI) mit…

Die verschiedenen Kategorien von Italienern auf deutschem Gebiet

Von den etwa 900.000 Italienern, die sich in den letzten zwanzig Monaten des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Gebiet aufhielten, waren 800.000 erst nach dem 8. September 1943 dorthin gebracht worden. Die anderen 100.000 waren schon früher im Rahmen bilateraler Wirtschaftsabkommen in Deutschland angekommen, die die Entsendung italienischer Landwirtschafts- und Industriearbeiter ins Reich vorsahen. Insgesamt waren zwischen 1938 und 1943 etwa 500.000 Arbeiter – Männer und Frauen – in verschiedenen Bereichen der deutschen Kriegswirtschaft beschäftigt. Am 27. Juli 1943 stoppte Heinrich Himmler als Chef der deutschen Polizei die Rückführung derjenigen, die noch in Deutschland arbeiteten (etwa 100.000, siehe oben). Der Status…

„Deportation” und „Deportierte”

In der Zeit zwischen der Krise im Sommer 1943 und der Befreiung wurden etwa 800.000 Italiener (die überwiegende Mehrheit davon Männer, aber auch einige Tausend Frauen) (fast alle unter Zwang) in das Gebiet des Dritten Reiches überführt. Dort kreuzte sich ihr Schicksal mit dem von weiteren 100.000 Landsleuten, die in den Jahren zuvor (ab 1938) auf der Grundlage zwischenstaatlicher Abkommen zwischen Rom und Berlin nach Deutschland gekommen waren, nach dem 25. Juli 1943 jedoch gegen ihren Willen von den nationalsozialistischen Behörden festgehalten wurden. Mit dem Zusammenbruch des Naziregimes und dem Ende des Krieges in Europa im Mai 1945 mussten diese…

REKRUTIERUNG VON HÄFTLINGEN

Auch Häftlinge in den Gefängnissen der Italienischen Sozialrepublik (RSI), die wegen allgemeiner und politischer Vergehen in Zuchthäusern und Justizvollzugsanstalten inhaftiert waren, wurden massiv rekrutiert, um zur Arbeit im Reich eingesetzt zu werden. Eine erste Vereinbarung zwischen dem Justizministerium in Salò und Günther von Hackwitz, dem deutschen Leiter der Rechtsabteilung in Italien im Büro von Botschafter Rudolf Rahn, wurde Anfang Juni 1944 getroffen: Die rechtskräftig Verurteilten sollten aus den italienischen Gefängnissen geholt und in die Gefängnisse des Reiches überführt werden, wo sie ihre Strafe als Zwangsarbeiter in der Industrie fortsetzen sollten. Der Plan wurde am 26. Juni 1944 mit dem Abtransport…

VICENZA

In der Gegend von Vicenza wurden Arbeiterinnen und Arbeitern ab Mitte Februar 1944 Einberufungsbescheide zur Arbeit in Deutschland zugeschickt, was zu großer Unzufriedenheit führte. Die Situation spitzte sich mit dem Aufruf zu medizinischen Untersuchungen so sehr zu, dass die Unternehmen in den Industriezentren der Gegend um Vicenza (zuerst Schio, dann Valdagno) nacheinander in den Streik traten. Als sich der Protest ausweitete, wurden überall „subversive” Flugblätter verteilt, insbesondere gegen die Anwerbung von Frauen zur Arbeit in Deutschland, was als moralisches Vergehen angesehen wurde, weil sie – so behauptete man – im Reich sowohl physischen als auch moralischen Gefahren ausgesetzt seien und…

VENEDIG

Die deutsch-italienischen Abkommen von 1937-38 über die Entsendung italienischer Arbeiter nach Deutschland boten einen Ausweg aus der schwierigen Beschäftigungslage in Venedig und der Provinz, so dass sich 1940 bereits 2.000 Industriearbeiter im Reich befanden. Am 12. September 1943 wurden Venedig und das venezianische Gebiet von deutschen Truppen widerstandslos besetzt. Am 15. September wurde eine erste Bekanntmachung herausgegeben, die unter anderem die Offiziere, mit Ausnahme derer, die bereits zur Wehrmacht eingezogen waren, aufforderte, sich noch am selben Tag bis 20 Uhr in den Hotels Terminus und Germania zu melden. Die zweite Bekanntmachung vom 18. September verpflichtete hingegen alle Soldaten mit und…

TREVISO

In den frühen 1940er Jahren war Treviso eine Provinz, die stark von der Landwirtschaft geprägt war: Über 60 Prozent der arbeitenden Bevölkerung waren in diesem Sektor tätig. Das Gebiet um Treviso war eines der Gebiete, die am stärksten von der 1938 einsetzenden Arbeitsmigration nach Deutschland betroffen waren, die auf die Wirtschaftsabkommen zwischen den beiden Regimen zurückging. Sicherlich spielten dabei sowohl die geografische Nähe zum deutschsprachigen Raum als auch die kontextuelle Tradition der grenzüberschreitenden Migration eine Rolle. Ein beträchtlicher Teil dieser Arbeiter blieb auch nach dem 8. September im Reich, während andere sich zur Rückkehr bereit erklärten, weil sie keine feste…

ROVIGO

Nach einem ungeschickten Versuch, ganze Familienverbände zur landwirtschaftlichen Arbeit in das Reichsgebiet zu versetzen, erteilte der Präfekt Federico Menna am 19. Februar 1944 allen Bürgermeistern und Präfekturkommissaren der Provinz Rovigo die Anweisung, bis zum 10. März die Listen derjenigen zu übermitteln, die zur Arbeit in Deutschland verpflichtet werden konnten, Männer und Frauen gleichermaßen. Sie wollten an den traditionellen Fleiß der Leute aus Polesine appellieren, um der Rekrutierung so spontan wie möglich zu gestalten, aber angesichts der eindeutig unzureichenden Reaktion gingen sie dazu über, alle Bürger, egal welcher sozialen Kategorie, zu verpflichten. Unter Arbeitern sind dabei nicht nur Handwerker zu verstehen,…

PADUA

Bereits im November 1943 erschienen in den Lokalzeitungen von Padua wiederholt Aufrufe zur freiwilligen Anwerbung italienischer Arbeitskräfte für das Reich. An den Wänden hingen bunte Plakate, auf denen die großen Vorteile angepriesen wurden, die denjenigen geboten wurden, die sich bereit erklärten, nach Deutschland zu gehen und dort zu arbeiten: hohe Löhne, ausgezeichnete Behandlung, Auszahlung eines Teils des Lohns an die Familien in Italien, Anwerbeprämie beim Grenzübertritt, Ausrüstungszulage, doppelte Familienzulagen, Abfindungen, Lebensversicherung. Die Aufgabe, freiwillige Arbeitskräfte für das Reich zu rekrutieren, wurde der „Gruppe für die Beschäftigung von Arbeitskräften” (Gruppo per l’impiego della manodopera) übertragen, einer Behörde in der Via San…

VENETIEN

Die Region Venetien, die ab dem 10. September 1943 von deutschen Truppen besetzt war, wurde sofort als wertvolles Reservoir an Arbeitskräften angesehen, die in den Reichsgebieten und später bei einem eventuellen Vormarsch der Alliierten zum Bau von Verteidigungsanlagen vor Ort eingesetzt werden sollten. Trotz wiederholter Ausschreibungen und günstiger Arbeitsbedingungen, zumindest auf dem Papier, gab es in allen Provinzen nur eine sehr geringe freiwillige Beteiligung, nach Deutschland zu gehen. Nach der mehrmals aktualisierten Zählung der arbeitsfähigen Bevölkerung auf der Grundlage der von den Gemeinden erstellten und den Arbeitsämtern übermittelten Listen wurde die Rekrutierung von Arbeitskräften durch Einberufungsbescheid durchgeführt. Angesichts dieser Maßnahme…